Caliandro.de - Blog

Die Phoniebox - RFID Musikplayer für Kinder selber machen - eine Bauanleitung

Zuletzt aktualisiert: [2021-04-15 Do]

Nachdem mein Sohn mit 2 1/2 Jahren einen CD Player bekommen hat und die CD’s ständig verkratzt waren, konnten wir uns kürzlich die Toniebox in der städtischen Bibliothek ausleihen und testen.

Das Teil und die dazugehörigen Figuren sind wirklich toll konzepiert, aber folgende Punkte störten mich dann doch zu sehr, um selbst eine zu kaufen.

Nachteile der proprietären Lösung

  • Die Hörspiele als Toniefigur kosten teilweise dreimal so viel wie als CD oder MP3 und die Auswahl ist bisher gering im Vergleich zu klassischen CD’s ( Quelle: Amazon.de)
  • Die Hörspiele sind cloud-technisch an das Unternehmen gebunden. Firma weg, alles weg bzw. nur noch so lang abspielbar, wie die Box funktioniert. (Ich kann aktuell meine teilweise 45 Jahre alten Kinderschallplatten oder meine eigenen Kassetten noch anhören und für die Zukunft digitalisieren)
  • Akku der Box scheint für Laien nicht wechselbar
  • Habe ich mehr als ein Kind und beide möchten sich die Hörspiele aber nicht die Box teilen, brauche ich mehrere Boxen, da man die speziellen Figuren nicht auf fremden Geräten abspielen kann
  • Eigene Hörspiele bzw. alte digitalisierte Schallplatten und Kassetten kann man nur mit dem Kauf von sogenannten Kreativtonies abspielen, was ebenfalls ins Geld geht und auch nur über die Cloud funktioniert
  • man bindet sich fest an das Ecosystem der Firma. Geht die Box kaputt und man möchte eine andere Art von Musikplayer, müßte man sich die vorhandenen Hörspiele erneut kaufen

Also habe ich ein wenig recherchiert und bin auf die Phoniebox gestoßen.

Die Phoniebox

Das folgende Bild zeigt unseren Vater-Sohn Eigenbau aus Holzresten: phoniebox.jpg

Die Vorteile der Phoniebox

  • DIY (Do It Yourself)
  • Läßt sich mit RFID Karten, Aufklebern und Chips bedienen
  • komplett quelloffen (Linux, MPD, Python)
  • Auch lötfrei zu basteln (mit Knöpfen aber noch besser)
  • spielt alles ab => großer Kostenvorteil und damit auch für die Eltern nutzbar
    • Internetradio
    • Podcasts
    • Streams aller Arten
    • Praktisch jedes Audioformat
  • autonom komplett offline oder dank Wlan bequem über eine Web-App steuerbar
  • auch für Erwachsene eine unkomplizierte Alternative zu Handy+Bluetoothlautsprecher
  • Resume-Modus für Hörbücher oder Hörspiele sowie Shuffle und Repeat Modi
  • selbst reparier- und beliebig erweiterbar (LED’s, Display, ein Backup etc.)
  • Kind kann mitbasteln und damit seine eigene Phoniebox bauen
  • Bauzeit: ca. 4h (Soft- und Hardware)
  • an der Open-Source Software wird regelmäßig gearbeitet und erweitert (manchmal sogar ich)

Was wird benötigt - Die Einkaufsliste

  • Gesamtausgaben inklusive Buttons ohne Gehäuse und Werkzeug liegen bei ca. 80€
    • rechnet sich schon dann, wenn die alten Kassetten und CD’s der eigenen Kindheit verwendet werden
  • Grundlegende IT Kenntnisse inkl. Linux, 0€
  • Raspberry Pi (alle Modelle möglich), ca. 12-35€
    • Aus eigener Erfahrung empfehle ich mindestens Raspberry Pi 3b
      • man braucht zwei USB Ports
      • einen Line-Out Port (Klinke 3.5mm), ansonsten benötigt man deutlich teurere USB Lautsprecher
    • Da der Einsatzzweck die reine Musik-, Internetradio und Podcast Wiedergabe ist, wäre ein neues Topmodell unterfordert
    • Raspberry PI Computer gibt es auch oft gebraucht sehr günstig zu haben
  • RFID Reader USB, ca. 10€ (Idealo.de Link zu verschiedenen Angeboten)
  • RFID Karten oder Sticker, ca. 12€ für 50-100 Stück (Amazon Link zu RFID Karten)
  • Einfache USB Aktiv-Lautsprecher ohne separates Netzteil, ca. 10€ (Amazon Link zu dem von mir eingesetzten Modell)
  • Micro USB Kabel mit Ein-Aus Knopf, ca. 6€ (Amazon Link)
  • Powerbank als Akku, ca. 10€ (Intenso Powerbank 10.000mAh - Amazon.de)
  • Etwas Klebeband oder Kleber
  • Ein Gehäuse, idealerweise etwas vorhandenes und etwas Werkzeug zum Sägen und Bohren. Stattdessen geht auch ein Gehäuse aus Lego- oder Duplosteinen oder eine Zigarrenkiste oder ein Kinderspielzeug-Arztkoffer usw.
    • Werkzeuge habe ich preislich nicht eingerechnet
      • Säge
      • Schraubzwinge
      • Lochbohrer (universal für kleine bis große Löcher)
      • Bohrmaschine
      • Arbeitstisch
      • Klebepistole
      • Scharniere für die Deckelklappe
  • Optional bei Einbau von Buttons/Bedienelementen:

So sieht unsere Phoniebox von innen aus

phoniebox2.jpg

Da der erste Raspberry Pi (1er B+) zum Einsatz kommt, der noch keinen Wlan Chip integriert hat, wird zum Bespielen der Box mit neuen Inhalten ein Netzwerkkabel verwendet. Der RFID Leser ist mit Klebeband unterhalb des Deckels befestigt und im Bild nicht sichtbar. Die Holzreste hätten gerne dünner sein können, dadurch ist die Box jetzt sehr massiv und hat einen ordentlichen Klangkörper.

Neben den 5 Buttons für Vorwärts, Rückwärts, Play/Stop, Lauter, Leiser gibt es noch auf der Rückseite den Ein- und Ausschaltknopf, der die Stromzufuhr zwischen Powerbank und Raspberry Pi trennt. Die Lautsprecher und der RFID Leser sind direkt am Raspberry (USB) angeschlossen.

Wir verwenden RFID Karten zur Steuerung. Diese lassen sich mit wasserfesten Stiften bemalen. Idealerweise danach die Karten laminieren oder Tesastreifen drüber kleben, da die Schrift mit der Zeit stark verblasst. Will mein Sohn ein bestimmtes Hörspiel oder Album hören, legt er einfach die passende Karte kurz auf die Kiste und schon geht es los. Möglich wären auch RFID Aufkleber in Kombination mit Figuren.

Will man deutlich mehr als ca. 7 Schalter oder auch ein Display anschließen, wird zusätzl. GPIO Zubehör für den RaspberryPI benötigt.

Die vollständige Installationsleitung

und alles was Du benötigen wirst, findest Du auf http://phoniebox.de bzw. direkt bei GitHub https://github.com/MiczFlor/RPi-Jukebox-RFID. Wie ich aus Holzresten eine Kiste zusammengenagelt und geklebt habe, ist wenig spektakulär und du kannst immer auch eine Plastikbox verwenden, die du mit einem Cutter oder einer Stichsäge bearbeiten kannst.


Updates seit der Erstveröffentlichung dieses Artikels

Update 07.02.2019: Ich habe eine zweite Phoniebox gebaut, die als minimalistischer Nachfolger für meine alte klobige und stromfressende HiFi Anlage von 1999 gedacht ist.

Unterschied zur ersten und oben beschriebenen Phoniebox:

  • Die neue Box ist deutlich kleiner, stationär und hängt direkt an der Steckdose. Es sind keine Boxen oder Akku integriert
  • Das Gehäuse war zuvor eine nutzlose Teebox aus Pressspan, in die nur noch schnell Löcher gebohrt werden mussten
  • Sie dient vor allem zum Abspielen von Webradios, Podcasts und meiner Musiksammlung und steht klein und bescheiden im Bücherregal
  • Die hochwertigen Aktivboxen befinden sich außerhalb der Phoniebox und benötigen aufgrund ihrer Größe und Leistung ein eigenes Netzteil
  • 6 klassische Joystick Buttons (vergleichbar mit dem guten alten Competition Pro). Solche sind für Kleinkinder besser geeignet als die schwerer zu betätigenden Schalter, die wir bei der ersten Phoniebox verwendet haben
  • RaspberryPi 3b (aktuelleres Modell, deutlich schneller beim Start und dank integriertem WiFi kabellos online)
  • Hinweis: Auf eine zusätzliche USB Soundkarte, die viele Phoniebox Bauer aufgrund besseren Klangs verwenden, habe ich auch hier verzichtet, da mir der Klang des OnBoard-Audioausgangs gut gefällt

phoniebox3.jpg

phoniebox4.jpg


Update 06.02.2021: Die Phoniebox meiner Kinder hat sich seit einem Update vor ein paar Tagen komisch verhalten: Jegliche Änderung, die ich programmiert hatte, war nach dem Neustart wieder verschwunden. Nach mehreren Versuchen und Tests war klar, dass die Speicherkarte in einer Art schreibgeschützten Modus hochgefahren wurde. Ursache: Die microSD Karte an der Phoniebox meiner Kinder hat einen File Corrupt erlitten. Alle Quellen online haben empfohlen, die Karte zu ersetzen, aber bisher läuft sie seit der Neuinstallation reibungslos weiter. Trotz Schreibproblemen konnte ich vor der Neuinstallation die Dateien im Order „shared“ mit RFID Verknüpfungen und Audiofiles sichern und anschließend wieder restaurieren.


Update 15.02.2021: Ich habe zwar nicht mehr viel Freizeit und idealerweise unterlasse ich es dann zu programmieren, aber da ich auch immer wieder aus Eigenbedarf an der Phoniebox herum bastele, fällt auch der ein oder andere Beitrag von mir ab. github_phoniebox.png


Update 15.04.2021: Mit Sohnemann #2 haben wir ebenfalls eine Phoniebox gebaut. Dieses mal auch mit einem fertigen Gehäuse, dass als Verpackungsmüll sowieso noch übrig war.

Großer Vorteil der dünnen Plastikhülle:

  1. LED des NFC Cardreaders scheint durch und man sieht gleich, ob das Gerät derzeit Strom zieht
  2. Der Klang ist deutlich klarer und lauter als bei der dicken massiven Holzkiste unserer ersten Phoniebox

phoniebox5.jpg